Daneben bietet die App auch so genannte Geofilter zum Verkauf an. Wer an einem bestimmten Ort ist, kann neben den regulären, auch ganz bestimmte Filter nutzen. Was uns ein bisschen an die Entwicklung im stationären Handel erinnert, wo Kunden, die die Smartphone-App des Händlers beim Einkauf verwenden, Rabatte im Geschäft erhalten. Men’s Wearhouse (amerikanische Handelskette für Männerkleidung) etwa kreierte eine Snapchat-Bildvorlage, mit der man um ein Prom-Date, also ein Date zum Abschlussball, bitten konnte. Mit Ja-/Nein-Kästchen, eh klar. Rechtzeitig zum „Promposal Day“ am 11. März wurde der Geofilter an 18.000 Highschools freigeschalten, Men’s Wearhouse verzeichnete daraufhin eine Engagement Rate von 48 Prozent. Und dann können Unternehmen natürlich auch klassische Ads auf Snapchat kaufen. Ein Full-Screen-Video im Hochformat, zehn Sekunden lang, das – je nachdem, in welche Richtung man am Bildschirm wischt – mehr Informationen zum Produkt, zur Marke liefert. Auch diese Werte sind bei Snapchat überdurchschnittlich gut, nämlich fünfmal höher als normale Durchklickraten vergleichbarer Apps und Websites.
Woran das genau liegt, schwer zu sagen – vielleicht ist es die Faszination des Moments, der Snapchat näherkommt als konkurrierende Plattformen es tun. Klar ist aber, dass die üblichen Werbungen auf Snapchat nicht funktionieren, die Unternehmen sich dem Format anpassen müssen. Während man auf anderen Kanälen oft nur das tut, was man ohnehin schon immer gemacht hat: Das Poster von der analogen Werbe- auf die digitale Pinnwand packen. Bei Snapchat überlegen sich aber alle, wie ihre Marke in zehn kurzen Sekunden funktionieren könnte. Sogar Traditionshäuser weichen da plötzlich vom gut gepflegten Brauch ab.
Snapchat hat einen exklusiven Charakter. Obwohl es eigentlich gar keine exklusive App ist.
Bisher war es ja so: Modekollektionen wurden so lange unter Verschluss gehalten, bis die Models darin über den Laufsteg stolzierten. Erst dann konnte sich die Öffentlichkeit anschauen, was die nächste Saison bringt. Bei Burberry wird das seit Herbst 2015 genau andersherum gehandhabt: Da entsteht eine neue Kollektion, die dann zuerst den Fans auf Snapchat gezeigt wird. In kleinen Häppchen zeigt das englische Modehaus, was es sich ausgedacht hat. Dann wird es erst auf der großen Bühne präsentiert. CEO Christopher Bailey sagt: „Digital ist ein fundamentaler und integraler Bestandteil unseres Unternehmens. Es gehört einfach zur Art, wie wir denken.“ Und wie Burberry die Plattform Snapchat richtig bedient. Dadurch, dass Nicht-User die Videos eben gar nicht erst sehen, wird Snapchat zu einem exklusiven Club der Eingeweihten. Und natürlich auch ein bisschen wegen der bereits erwähnten Ablaufzeit von 24 Stunden.
Ähnlich macht es übrigens die Kleidermarke Free People, die ihren Fans ebenfalls kurze Vorschauen bereitstellt und ihnen, so sagen sie, einzigartige Einblicke ins Unternehmen gebe. „Wir verraten nicht gleich immer alles“, sagt Marketingleiterin Kathryn O’Connor. „So haben wir die volle Aufmerksamkeit unserer Fans, die den Snap erst öffnen müssen, um alles zu erfahren.“ Es gehe – wie grundsätzlich in allen Social-Media-Kanälen – darum, die Beziehung zwischen Verkäufer und Kunde zu stärken. In einer Art, die zur Marke passt. Denn egal wie cool Snapchat sein mag und wie anders die Herangehensweise auf der Plattform, an den allgemein gültigen Regeln des (Internet-)Marketings kommt nicht mal das Nesthäkchen unter den sozialen Netzwerken vorbei.